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Schiff fähhrt auf Schleuse zu

Ein Projekt, das keine Ende nimmt

Der Anfang: Tullas Pläne zur Rheinbegradigung

Immer wieder gab es Bestrebungen diesen wilden Fluss zu zähmen, ihm ein geregeltes Bett zu verpassen. Der Ingeniuer Tulla (1770 – 1828) war es , der dann diesen Plan umsetzte. Unter seine Führung begann von der bis heute als Tulla’sche Rheinkorrektur bekannte Umbau des Rheinbettes.

Wesentliche Elemente des Tulla’schen Planes waren

  • Begradigung und Einengung des Flussbettes auf 200-250 m
  • „Abschneiden“ der Schlingen mit Durchstichen – nördlich von Karlsruhe
  • Bau richtiger Dammanlagen
  • Verstärkung der Form
  • Vertiefung des Flussbettes

Auf dem Bild ist deutlich zu erkennen, welch gewaltige Veränderung die Pläne Tullas nach sich zogen.

Die Umsetzung der Pläne erfolgte zum Teil mit Waffengewalt

So war es nicht verwunderlich, dass Tullas Vorhaben bei den Bauern und Fischern entlang des Flusses auf heftigen Widerstand stieß. Sie befürchteten die wirtschaftlichen Folgen des Eingriffs in die Naturlandschaft. Ab 1817 wurden Tullas Pläne  zum Teil mit Waffengewalt gegen den Willen der Bauern und Fischer verwirklicht. Als nach sieben Jahren bei einem großen Hochwasser die begradigten Gebiete plangemäß von Überschwemmungen verschont blieben, fand Tulla mehr Zustimmung und die weiteren Arbeiten wurden beschleunigt.

Erfolgreiche Korrektur mit vielen Auswikungen

Die Pläne waren erfolgreich: Als die Rhein-Korrektur 1862 abgeschlossen wurde, war der Fluss um 81 Kilometer kürzer geworden. Diese Verkürzung entspricht fast einem Viertel der Strecke. Die Überschwemmungen waren beendet und es wurde viel zusätzliches Land gewonnen. Die Schiffe mussten nicht mehr mit Pferden oder Ochsen gezogen werden.

Tulla selbst erlebt die Fertigstellung der Rhein-Regulierung nicht mehr: Er starb am 27. März 1828 in Paris nach schwerer Krankheit

Erst im Lauf der Jahre  wurden dann die Nachteile dieser Begradigung deutlich: die erhöhte Fließgeschwindigkeit bewirkte eine stärkere Erosion, damit ein tieferes Einschneiden des Flussbettes. Es kam zu erheblichen Grundwasserabsenkungen und teilweise auch zu Versteppungen.

Die Problem für die Schifffahrt wurden nur zum Teil gelöst: bei Niedrigwasser war eine Schifffahrt aufgrund der wechselnden Sandbänke und der geringen Tiefe der Fahrrinne kaum möglich. Führte der Rhein mehr Wasser, so war eine Schifffahrt aufgrund der stärkeren Strömungsgeschwindigkeit ebenfalls erschwert.

Schiffbarmachung durch Honsell

Die Rheinregulierung wurde durch Max Honsell fortgesetzt. Max Honsell (10. 11. 1843-1. 7. 1910) war als Wasserbauingenieur, Direktor der badischen Wasser- und Straßenbaudirektion (ab 1899) und Planer der „Regulierung“ des Oberrheins zwischen Straßburg und Sondernheim für die Schifffahrt (ausgeführt ab 1907) ein kongenialer Nachfolger Tullas.

Buhnen im Altrhein

Buhnen (quer verlaufende Schotteranhäufungen) sollten das Wasser bei Niedrigwasser in die Fahrtrinne leiten, so dass im Flussbett genug Wasser war, dass auch bei Niedrigwasser durchgängig die Schifffahrt erlaubte. In der nunmehr tieferen Fahrrinne konnten dann schon 1913 Schleppzüge nach Straßburg verkehren. Straßburg wurde zum neuen Endpunkt der Großschifffahrt, der ausbau bis Basel erfolgte erst in den Folgejahren.

Außerdem wurden verstärkt Dämme gebaut und Überflutungsräume ausgeweitet.

Der Rheinseitenkanal

Schleuse im Rheinseitenkanal

Im Versailler Vertrag von 1919 war Frankreich das Recht auf totale Nutzung des Rheinwassers als Kriegsentschädigungsleistung zugesprochen worden. Die Franzosen bauten daraufhin ab 1928 den Rheinseitenkanal (Grand Canal d´Alsace) und mehrere Kraftwerke zur Stromgewinnung. Der Kanal ist seitlich ausbetoniert und an der Sohle abgedichtet. 98% des Rheinwassers wird in den Kanal geleitet. Der Bau des Rheinseitenkanales, der allein zur Stromgewinnung gebaut wurde, hatte ein starkes Absinken des Grundwasserspiegels zur Folge.  Dadurch wurden bis 1960 46 Quadratkilometer Aue zerstört.

Die Schlingenlösung / Staustufen

Staustufe im Rhein

Für den weiteren Ausbau nördlich von Breisach wurde dann entschieden, auf die „Schlingenlösung“ umzusteigen. Der Schifffahrtsweg verläuft abwechselnd im Rhein und im Rheinseitenkanal, den Schlingen. An den Schlingen liegen Staustufen mit Kraftwerken und Schiffsschleusen. Im Altrhein wurden Kulturwehre gebaut, die dafür sorgen, dass immer genügend Wasser im Flussbett ist. Ein weiteres Absinken des Grundwasserspiegels wird dadurch verringert.

Kulturwehr Breisach

Das Wehr bei Breisach bei Hochwasser. Der Wasserabfluß wird kontrolliert

Als Problem blieb aber die Tiefenerosion des Flusses aufgrund seiner Verkürzung und des damit einhergehenden stärkeren Gefälles bestehen. zur Vermeidung weiterer Sohlenerosion wurden bei Gambsheim und Iffezheim weitere Staustufen gebaut, die gleichzeitig auch der Energiegewinnung dienen. Bis heute versucht man ab Iffezeheim, den Rhein an einer weiteren Vertiefung zu hindern. Bei Rastatt schüttet man deshalb jährlich 117.000t Kies in den Rhein.

Das integrierte Rheinprogramm

Im begradigten Flussbett bewegt sich eine Hochwasserwelle jetzt fast doppelt so schnell auf Straßburg und Karlsruhe zu. Und noch fataler: Durch die Laufzeitbeschleunigung der Hochwasserwelle im Oberrhein ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Hochwasserwellen von Rhein und Neckar bei Mannheim/Ludwigshafen zeitgleich zusammenstoßen, deutlich angestiegen. Ein Hochwasserdesaster für die beiden Städte, einschließlich der BASF und dem wenig stromabwärts gelegenen Worms ist vorprogrammiert.

Während sich früher die Hochwasserwelle in den ausgedehnten Rheinauen „totlaufen“ konnte, soll der Spitzenabfluss jetzt gezielt in ein Dutzend Polder zwischen Breisach und Karlsruhe geleitet werden. Im Rahmen des

Einlass Polder

Wuchtiges Bauwerk zum Einlass des Rheinwassers in den Polder bei Kappel.

„Integrierten Rheinprogramms“ (IRP) versucht Baden-Württemberg in diesen Poldern die Hochwasservorsorge und den Naturschutz auf einen Nenner zu bringen. In den Poldern soll bereits bei kleineren Hochwässern durch sogenannte „ökologische Flutungen“ die Vegetation wieder an wechselfeuchte Bedingungen angepasst werden. Mit den „ökologischen Flutungen“ wird angestrebt, wieder eine auenähnliche Vegetation heranzuziehen, die bei Extremhochwässern im Retentionsfall auch längere Überflutungen weitgehend schadlos übersteht (GEWÄSSERDIREKTION SÜDLICHER OBERRHEIN/HOCHRHEIN 2001).

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